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Eine 32-jährige ehemalige Krankenschwester kommt mit einem akuten respiratorischen Infekt mit zunehmender Dyspnoe, Husten und putridem Sputum in die Aufnahme. Vor 6 Jahren war eine beidseitige Lungentransplantation wegen beidseitigen Bronchiektasen durchgeführt worden. Die Ursache für die beidseitigen Bronchiektasen konnte nie geklärt werden. Das erste Jahr nach Transplantation war gekennzeichnet durch rezidivierende, zum Teil auch schwere bronchopulm. Infekte mit verschiedenen Erregern, unter anderem Pseudomonas aeruginosa und Stenotrophomonas maltophilia. Zuletzt war die Patientin jedoch völlig stabilisiert, hervorragend sozial integriert. Die Lungenfunktion unter immunsuppressiver Trippeltherapie war bei der letzten Routineuntersuchung normal!

Jetzt beträgt die Temperatur 38°C, bds. sind grobblasige Rasselgeräusche auskultierbar. Die Herzfrequenz beträgt 60/min., RR 110/60 mmHg. Im Labor Leukozytose von 15,2/nl ohne wesentliche Linksverschiebung, CRP nur gering auf 14 mg/l erhöht. Radiologisch findet sich ein flaues Infiltrat im linken Unterfeld.

Diagnose und Verlauf

Da die Patientin klinisch nicht wesentlich beeinträchtigt war, wurde lediglich eine Sputumkultur durchgeführt. Hier fand sich reichlich Branhamella catarrhalis. Unter einer empirischen Therapie mit Moxifloxacin p.o. über 10 Tage besserten sich die Beschwerden, Dyspnoe, Husten und Sputumfarbe normalisierten sich erst nach 2 bis 3 Wochen.

Kommentar

Bei der Lungentransplantation kommt es regelhaft zu Komplikationen, welche die Lebenserwartung deutlich einschränken. Dabei führen typischerweise ganz initial Abstoßungsreaktionen, gefolgt von CMV-Infektionen, insbesondere bei Spender/Empfänger missmatch. Im weiteren Verlauf prädisponiert die Immunsuppression zu bakteriellen Infekten mit einem weiten Keimspektrum. Daher gilt grundsätzlich die Empfehlung, bei opportunistischer Pneumonie eine invasive Diagnostik durchzuführen. Das Transplantatüberleben wird häufig durch eine Bronchiolitis obliterans bestimmt. Die Ursache hierfür ist letztlich noch nicht geklärt, in Frage kommen chronische Abstoßungsreaktionen und chronische Virusinfektionen oder eine Kombination aus beiden.

Natürlich können aber auch immunsupprimierte Patienten »banale« Infekte erleiden, wie in unserem Fall. Hierbei ist es besonders wichtig, auf Medikamenteninteraktionen zu achten: so können Makrolide die Spiegel von Ciclosporin massiv erhöhen und so eine Organschädigung bewirken. Daher ist in jedem Fall die Kontaktaufnahme zu dem betreuenden Zentrum anzuraten.

Branhamella catarrhalis gehört neben Pneumokokken und Haemophilus influenzae zu den drei häufigsten respiratorischen Pathogenen bei COPD. Neben der akuten Exacerbation der chronischen Bronchitis verursacht der Erreger auch Parenchyminfektionen, die sich meist als flaue bronchopneumonische Infiltrate im Bereich der Unterfelder manifestieren. Unser Beispiel zeigt darüberhinaus, dass auch bei immunsupprimierten Patienten vermehrt Infektionen mit Branhamella catarrhalis beobachtet werden. Hierbei ist in seltenen Fällen auch mit invasiven Infektionen (pos. Blutkultur, Ausbreitung in Nachbarorgane) zu rechnen. Da Branhamella catarrhalis ein häufiger Betalaktamasebildner ist, sollte bei Verdacht mit Betalaktamasefesten Antibiotika wie Zweitgenerationscephalosporinen, Ampicillin/Sulbactam oder Coamoxiclav therapiert werden.