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Pneumokokken (»Streptococcus pneumoniae«) zählen zur großen Gruppe der gram – positiven Streptokokken und verursachen in erster Linie Infektionen der oberen und unteren Atemwege sowie der Meningen. Seltener werden sie als Erreger von Endokarditiden, Arthritiden und Peritonitiden isoliert. Die Virulenz ist an die Polysaccharidkapsel gebunden, 90% der Infektionen werden in Deutschland durch 10% der Kapseltypen hervorgerufen. Diese sind auch in der derzeitigen Polysaccharidvakzine enthalten, die bei Erwachsenen mit Risikofaktoren (Impfempfehlungen) als Indikationsimpfung empfohlen wird. Die Mortalität ist immer noch hoch, insbesondere in den extremen Altersgruppen und bei Immunkompromittierten (Faustregel: 10% Mortalität bei Pneumonie, 20% bei Sepsis, 30% bei Meningitis). Aus unbekannten Gründen neigt dieser Erreger mehr als andere Bakterien zur Ausbildung der klassischen, anatomisch scharf begrenzten Lobärpneumonie mit kompletter alveolärer Konsolidation und positivem Pneumobronchogramm.

Diagnostisch ist bei typischer Klinik bereits ein Sputumausstrich mit Nachweis gram-positiver Diplokokken wegweisend, auch wenn eine Kolonisation bei Gesunden nicht selten ist. Blutkulturen sind in maximal 10% positiv und unter Kosten – Nutzengesichtspunkten nicht mehr generell zu empfehlen: man sollte sie auf die schwerkranken und septischen Fälle beschränken, dann aber mindestens 2 Kulturen vor Therapiebeginn anlegen. Neuerdings wird ein Antigentest angeboten, der im Liquor bei Meningitisverdacht als Schnelltest sehr hilfreich ist. Bei Pneumonie als Schnelltest im zentrifugierten Urin wird der Stellenwert dieses Tests noch kontrovers diskutiert: ein unbestrittener Vorteil gegenüber der Kultur ist die Tatsache, dass dieser Test auch nach Beginn einer Antibiotikatherapie noch positive Resultate liefern kann; nachteilig ist, dass nicht alle kulturell positiven Fälle auch im Antigentest positiv ausfallen, dass Kolonisation (häufig bei Kindern) zu falsch-positiven Ergebnissen führen kann und dass der Test keine Informatioen über Resistenzen liefert. Schließlich ist die Kosteneffektivität bislang nicht gezeigt.

Da Pneumokokken die häufigsten Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie sind, müssen sie bei der kalkulierten Therapie dieser Infektion immer berücksichtigt werden. Höhergradige Penicillinresistenzen spielen in Deutschland noch keine Rolle, so dass Betalaktamantibiotika (Aminopenicilline, Cephalosporine der 2. oder 3. Generation) Mittel der Wahl insbesondere bei Vorliegen von Risikofaktoren sind. Wegen zunehmender Makrolidresistenzen (derzeit um 10% bei erheblichen regionalen Unterschieden) ist eine Monotherapie mit Makroliden nur noch bei unkomplizierten Pneumonien zu empfehlen. Eine Alternative bei Makrolidresistenz bietet das nur oral verfügbare Ketolid Telithromycin. Tetrazykline (mit ähnlichen Resistenzraten wie Makrolide) und Co-trimoxazol sind primär keine Standardsubstanzen zur Therapie von Pneumokokkeninfektionen. Während die älteren Chinolone wie Ciprofloxacin eine ausgesprochene Pneumokokkenschwäche aufweisen, sind die Präparate der dritten und vierten Generation im gram-positiven Bereich besser wirksam. Wegen ihres breiten Spektrums sind sie zur gezielten Therapie von Pneumokokkeninfektionen allerdings weniger geeignet.