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3 Tage nach seinem 23. Geburtstag wird ein junger Mann mit akuten rechtsseitigen Unterbauchbeschwerden aufgenommen. Unter der Verdachtsdiagnose einer Appendizitis wird eine Appendektomie durchgeführt. Die Appendix ist makroskopisch unauffällig, in der Histologie ist eine diskrete Entzündung nachweisbar.

2 Tage postoperativ entwickelt der Patient eine Thrombophlebitis nach einer Braunüle am rechten Unterarm. Innerhalb weniger Stunden wird der Patient hochfebril und muss 2 Tage später wegen einer schweren Pneumonie mit hochgradiger Dyspnoe auf die Intensivstation verlegt werden. Bei hochgradiger respiratorischer Insuffizienz erfolgt eine Intubation und maschinelle Beatmung. Im Röntgenbild sind mehrere Abszesse zu vermuten, dies bestätigt sich im CT. Die Beatmungssituation verschlechtert sich dramatisch. Ursache hierfür sind Pneumothoraces zunächst rechts, später auch links, welche eine Bülaudrainagen-Anlage notwendig machen. Der Patient wird schließlich in die naheliegende Universitätsklinik verlegt.

Diagnose und Verlauf

Bei Eintreffen dort muss der Patient mit 100% Sauerstoff beatmet werden. 3 Bülaudrainagen sind in situ, von denen eine intrapulmonal liegt. Bronchoskopisch lassen sich im Direktpräparat gram-positive Haufenkokken nachweisen. In der Kultur kann die Verdachtsdiagnose einer abszedierenden Staphylokokkenpneumonie durch Nachweis von S. aureus gesichert werden. Die antibiotische Therapie wird mit Flucloxacillin 4 x 2 g i.v. in Kombination mit Rifampicin 2 x 300 mg i.v. durchgeführt.

       

Nach einem extrem langen Intensivstationsaufenthalt von 100 Tagen kann der Patient langsam rehabilitiert werden. Ein Jahr später ist der Patient wieder vollständig gesundet, die Lunge ist sowohl im Übersichtsröntgenbild als auch im CT erstaunlicherweise vollständig unauffällig.

Kommentar

Die Kasuistik demonstriert die charakteristischen Eigenschaften von Staphylococcus aureus: es handelt sich um einen hochvirulenten Erreger, der auch bei jungen Patienten ohne Risikofaktoren lebensbedrohliche Infektionen hervorrufen kann. Eine Häufung findet sich während Grippeepidemien. Bei Pat. mit Drogenanamnese sollte auch eine Rechtsherzendokarditis als Streuquelle ausgeschlossen werden. Typisch ist auch in der Lunge die Neigung zur Abszedierung. Im vorgestellten Fall muss offen bleiben, ob es sich um eine nosokomiale Infektion nach Phlebitis mit hämatogener Streuung oder um eine primär ambulant erworbene, aerogene Pneumonie mit initial verschleierter Symptomatik gehandelt hat. Therapeutisch sind hochdosierte staphylokokkenwirksame Betalaktamantibiotika, ggf. in Kombination mit Rifampicin oder anderen gut gewebegängigen Chemotherapeutika, effektiv. Glykopeptide zeigen vermutlich wegen der geringeren Gewebspenetration in den meisten Studien schlechtere Ergebnisse und sollten daher für methicillinresistente Fälle (in Deutschland etwa 10% mit regionalen Unterschieden, meist bei nosokomialer Akquisition) reserviert werden. Die Prävalenz von MRSA bei klinischen Isolaten beträgt nach Angaben der PEG derzeit etwa 22,6% (Kresken M et al. PEG Resistenzstudie 2004. Paul-Ehrlich-Gesellschaft 2004). Bei MRSA Pneumonien stellt Linezolid gegenüber Vancomycin eine sehr wirksame Behandlung dar, da Linezolid i.v. (fertige Infusionslösung) und oral bioäquivalent verfügbar ist, was eine frühzeitige Umstellung auf orale Gabe ermöglicht. Kosteneinsparungen durch reduzierte stationäre Verweildauer sind möglich. Bei großen Abszessen ist die chirurgische Sanierung anzustreben, was im vorgestellten Fall wegen der ausgedehnten Beherdung beider Lungen nicht möglich war.