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Die Thoraxübersichtsaufnahme im Stehen ist eine unverzichtbare Basisuntersuchung bei der Abklärung von Lungenerkrankungen. Beim posterior-anterioren Strahlengang liegt das ventral gelegene Herz dem Film näher und stellt sich daher weniger vergrößert dar als in der anterior-posterioren Aufnahme. Die Aufnahme erfolgt während maximaler Inspiration.

Tipp für die Praxis
Ausnahme: ein Pneumothorax ist in Exspiration deutlicher sichtbar.
Zur genaueren Lokalisation einer Veränderung sowie zum Nachweis retrokardialer und retrosternaler Prozesse wird immer zusätzlich eine Seitaufnahme gemacht.

Normalbefund
Die röntgenologisch sichtbare Lungenzeichnung ist beim Lungengesunden überwiegend durch Gefäße bedingt. Im Stehen nimmt der Gefäßdurchmesser infolge des hydrostatischen Druckes von kranial nach kaudal zu, weshalb die Lungenunterfelder normalerweise eine stärkere Gefäßzeichnung aufweisen.
Die Bronchien sind nur in ihren zentralen, hilusnahen Abschnitten als Aufhellungen erkennbar. Die Interlobärspalten sind nur sichtbar, wenn sie tangential getroffen werden, deshalb ist der schräg verlaufende große Lappenspalt nur in der Seitaufnahme zu erkennen. Das rechte Zwerchfell steht infolge der Anhebung durch die Leberkuppel höher als das linke.

Cave: ein normales Röntgenbild der Lunge schließt eine Pneumonie nicht aus (bei pesistierenden Verdacht ggf. Thorax-CT)

Verschattungen
Alveoläre Verschattungen
Sie werden durch einen verminderten Luftgehalt der Alveolen bedingt und sind diffuse, fleckig-wolkige Verschattungen mit unscharfer Begrenzung. Typisch ist ein Luftbronchogramm: Dabei heben sich die lufthaltigen Bronchien vom umgebenden Infiltrat ab. Vorkommen: z.B. bei Pneumonie oder bei der exogen allergischen Alveolitis.

Interstitielle Verschattungen
Sie sind durch verdickte interlobuläre Septen bedingt und erscheinen auf dem Röntgenbild netzförmig (retikulär).

Kerley-Linien

  • Kerley-B-Linien: horizontale, in den Lungenunterfeldern gelegene, ca. 1 cm lange laterale Striche. Sie sind ein wichtiger Hinweis auf das Vorliegen einer chronischen Lungenstauung im Rahmen einer Linksherzinsuffizienz.
  • In den Lungenoberfeldern werden sie als Kerley-A-Linien bezeichnet, diese sind weniger spezifisch für eine Lungenstauung.
  • Eine netzartige (retikuläre) Zeichnungsvermehrung wird auch als Kerley-C-Linien bezeichnet. Diese sind nicht spezifisch.

Flächige Verschattungen
Am häufigsten sind Infiltrate bei Pneumonie, die meist einseitig vorkommen. Eine beidseitige, symmetrische Verschattung kommt am häufigsten im Rahmen einer Lungenstauung bei Linksherzinsuffizienz vor. Infiltrate entstehen durch Exsudation von Flüssigkeit in die Alveolen und sind daher immer verbunden mit einer Volumenzunahme des betroffenen Lungenareals. Die Lungenbegrenzung dieses Areals wölbt sich also konvex nach außen. Typisch ist ein positives Luftbronchogramm, da sich die lufthaltigen Bronchien deutlich von den flüssigkeitsgefüllten Alveolen abgrenzen lassen.

Atelektasen
Luftärmere Lungenareale, die durch einen Verschluß des zuführenden Bronchus entstehen; sie zeichnen sich durch eine Volumenverminderung mit konkaver Lungenbegrenzung aus, im Gegensatz zur konvexen Begrenzung bei einem Infiltrats. Das Mediastinum wird zur kranken Lungenseite hin verzogen und das Zwerchfell steht auf der betroffenen Seite höher als auf der gesunden.

Rundherde
Da sich hinter einem Rundherd oft ein maligner Tumor verbirgt, ist eine rasche diagnostische Klärung zwingend.

Andere häufige Röntgenbefunde
Pleuraerguss
Ist röntgenologisch ab ca. 300 ml sichtbar. Meist ist der kostophrenische Winkel verschattet. Der konkav nach lateral ansteigende Rand des Ergusses wird als Ellis-Damoiseau-Linie bezeichnet und ist auf den negativen intrapleuralen Druck zurückzuführen.
Ursache sind in etwa 50% der Fälle maligne Tumoren wie z.B. das Bronchial- und das Mammakarzinom. Oft tritt ein Pleuraerguß bei Pleuropneumonie und bei Rechtsherzinsuffizienz, seltener bei Tbc und Kollagenosen wie z.B. dem systemischen Lupus erythematodes auf.

Pneumothorax
Beim Pneumothorax ist die Pleura visceralis erkennbar von der Thoraxwand entfernt und die Lungengefäßzeichnung nicht mehr bis an die Thoraxwand zu verfolgen.

Kaverne
Rundherde mit zentraler Einschmelzung finden sich besonders bei der Tuberkulose, können jedoch auch beim Bronchialkarzinom vorkommen. Andere Ursachen sind abszedierende Pneumonie oder ein M. Wegener.

Fleckschatten (kleiner als 1 cm)
Sie kommen z.B. bei Tbc, Sarkoidose, Lymphangiosis carcinomatosa und Silikose vor. »Miliare Fleckschatten« sind disseminiert und < 3 mm und weisen auf eine Miliar-Tbc hin.

Tipp für die Praxis
Bei einer Atelektase wird das Mediastinum zur kranken Seite gezogen, bei einem Spannungspneumothorax dagegen auf die gesunde Seite gedrückt. Führt ein Pleuraerguß zu einer Mediastinalverschiebung auf die gesunde Seite, spricht man von einem raumfordernden Erguß. Ursache ist meist ein Malignom.

Hilusverbreiterung
Durch hiläre Lymphknotenvergrößerung oder gefäßbedingt.

  • Bei einseitiger Vergrößerung meist durch ein Bronchialkarzinom.
  • Bei symmetrischer Vergrößerung (bihiläre Lymphadenopathie) können z.B. eine Sarkoidose, ein malignes Lymphom, Metastasen, oder ein Bronchialkarzinom ursächlich sein.
  • Bei zusätzlicher Verkalkung liegt z.B. eine Tbc oder eine Silikose vor.
  • Ursache für eine gefäßbedingte Hilusverbreiterung sind z.B. eine Lungenstauung mit Erweiterung der zentralen Lungengefäße infolge einer Linksherzinsuffizienz oder eine pulmonale Hypertonie wie z.B. beim Cor pulmonale.

Mediastinalverbreiterung
Vier Hauptursachen: Struma, Lymphom, Tumor sowie obere Einflußstauung.

  • Eine Verbreiterung des vorderen oberen Mediastinums: ist meist auf eine retrosternal eintauchende Struma zurückzuführen, die Diagnose wird durch die Schilddrüsenszintigraphie gestellt. Andere Ursachen sind Lymphome (z.B. M. Hodgkin: »schornsteinartige« Mediastinalverbreiterung), Lymphknotenmetastasen, Thymom.
  • Im vorderen unteren Mediastinum können Teratome und Dermoidzysten lokalisiert sein, diese können tomographisch sichtbare Zähne, Knochen oder Kalk enthalten.
  • Im hinteren, oberen Mediastinum sind neurogene Tumoren zu finden.

Seltene Ursachen
Seltene Ursachen einer Mediastinalverbreiterung sind das thorakale Aortenaneurysma, Perikarddivertikel sowie eine Zwerchfellhernie mit »Upside-down-Magen« . Eine rechtsseitige Mediastinalverbreiterung schließlich kann durch eine erweiterte V. azygos oder eine atypisch absteigende Aorta verursacht sein.

Vermehrte Strahlentransparenz
Sie entsteht durch Rarefizierung der Gefäßzeichnung. Die häufigste Ursache ist das Lungenemphysem. Eine einseitige Transparenzvermehrung ist z.B. bei akuter Lungenembolie mit A. pulmonalis-Hauptstamm-Verschluß, selten bei einseitiger Gefäßhypoplasie (Swyer-James-Syndrom) oder Lungenzysten nachweisbar.
Bei pulmonaler Hypertonie sind die peripheren Abschnitte der Lunge durch die Kaliberverengung der Gefäße vermehrt strahlentransparent, während die zentralen, hilusnahen Regionen bei normalem Kaliber verdichtet erscheinen (sog. »Kalibersprung«).
Im Gegensatz hierzu besteht eine vermehrte Gefäßzeichnung bei Rezirkulationsvitium (Vitien mit Links-Rechts-Shunt, z.B. Vorhofseptumdefekt).