Ein 57jähriger Spätaussiedler wird mit Dyspnoe, Bradyarrhythmie und Verwirrtheit eingewiesen. Schon seit zwei Jahren bestehen ein rechtsseitiger Thoraxschmerz und gelegentliche Hämoptysen ohne Gewichtsverlust oder B-Symptomatik. Der Patient ist bei der Aufnahme afebril, es zeigt sich ein kariöser Zahnstatus, bei der Auskultation abgeschwächtes Atemgeräusch über dem rechten Unterfeld. Die Laboruntersuchungen ergeben eine mäßig beschleunigte BSG (21 mm/h), ein grenzwertiges CRP (6 mg/l), ein normales Blutbild. Tuberkulintest und HIV-Serologie fallen negativ aus. Diagnose und Verlauf Nach Ausschluss eines akuten Koronarsyndroms wird unter der Verdachtsdiagnose eines Bronchialkarzinoms oder einer tuberkulinnegativen Tuberkulose eine Bronchoskopie durchgeführt, die einen subtotalen Verschluss des Bronchus intermedius rechts durch eine weißlich-gelbliche Masse ergibt. Die umgebende Mukosa ist ödematös geschwollen. Nach Biopsie und Entfernung des harten Materials kommt es zu einer profusen Schleimhautblutung. Bei einer Kontrolluntersuchung einige Tage später findet sich kein Anhalt für einen submukösen Tumor, allerdings sind granulomartige Knoten im Schleimhautniveau nachweisbar. Die BAL zeigt eine deutliche Neutrophilie von 23%, Kulturen bleiben negativ. Das Präparat zeigt einen ungewöhnlichen Befund. Die Schleimhautbiopsie ergibt den Befund ausgedehnter
Aktinomyces
– Kolonien (A -Drusen) mit Nekrosenmassen und gemischtzelligen Entzündungsinfiltraten
einschließlich Fremdkörperriesenzellen in der Umgebung. Aus
dem bioptischen Material konnten Actinomyces spp. angezüchtet werden. Kommentar Das Beispiel illustriert die Klinik der endobronchialen Aktinomykose, die sich meist hinter der Differentialdiagnose des Lungentumors oder der Tuberkulose verbirgt und früher typischerweise erst intraoperativ diagnostiziert wurde. Charakteristisch ist der protrahierte Verlauf und die Schwierigkeit der kulturellen Anzucht. Hinzu kommt daß Actinomyceten Bestandteile der normalen Rachenflora sind, so daß der alleinige Nachweis in nichtsterilen Materialien nicht beweisend ist. Häufiger als die endobronchiale Form ist die pleuropulmonale mit Ausbildung von Empyemen, aus denen der Erreger ebenfalls häufig nicht angezüchtet werden kann. Bei längerem Verlauf besteht hier die Gefahr der Thoraxwandinfiltration mit Rippenarrosionen und ggf. Durchbruch nach aussen (Empyema per necessitatem). Bei adäquater und ausreichend langer Antibiotikatherapie (2–6 Monate) ist es heute meist möglich, einen operativen Eingriff zu vermeiden. |