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Die ambulant erworbene Pneumonie (CAP) ist die häufigste letale Infektionserkrankung.
In Deutschland werden ca. 800.000 Neuerkrankungen jährlich gezählt.
Die Mortalität einer ambulant erworbenen Pneumonie liegt
bei < 0,5%, wenn keine Risikofaktoren vorliegen. Bei einer schweren Grunderkrankung
und weiteren Risikofaktoren beträgt sie jedoch bis zu 30%. Im Krankenhaus
erworbene Pneumonien machen ca. 20% der nosokominalen Infektionen aus,
sind jedoch für ca. 70% der durch nosokominale Infektionen bedingten
Todesfälle verantwortlich. Die Mortalität der nosokomialen Pneumonie
ist generell höher als die der ambulant erworbenen Pneumonie, da die meisten
Patienten Vorerkrankungen aufweisen. Bei einer Pneumonie, die unter maschineller
Beatmung entstanden ist, beträgt sie bis zu 70%.
Die Einführung der Antibiotika hat die Mortalität nicht gesenkt. Die dramatisch
verbesserte Prognose bei jungen Patienten (Letalität 0,5% im Vergleich
zu ca. 95% um 1900) ist durch eine erhöhte Erkrankungsrate und Sterblichkeit
bei alten Patienten mehr als ausgeglichen worden. Mithilfe einfacher Scores
(z.B. CURB-65 Score) ist eine zuverlässige Unterscheidung von Patienten mit niedrigen und hohen
Sterblichkeitsrisiko möglich. Hieraus läßt sich eine risikoadaptierte Therapie ableiten.
Erreger-Spektrum
Eine Pneumonie wird v.a. durch Bakterien, seltener
durch Viren und Pilze ausgelöst. Virale Pneumonien bei immunkompetenten
Patienten verlaufen meist mild, durch bakterielle Superinfektion z.B.
nach Influenza-Pneumonie sind jedoch auch sehr schwere Krankheitsverläufe
möglich. Pilzpneumonien treten nur bei abwehrgeschwächten Patienten auf.
Im Folgenden liegt der Schwerpunkt daher auf bakteriellen Pneumonien.
1. Pneumonie bei <
65jährigen Patienten ohne Begleiterkrankungen |
Erreger |
% |
Streptococcus pneumoniae |
50 |
Mycoplasma pneumoniae |
10–20 |
Chlamydia pneumoniae |
10 |
respiratorische Viren |
10–15 |
Hämophilus influenzae |
5 |
2. Pneumonie bei Patienten
mit Begleiterkrankungen oder > 65 Jahre |
Erreger |
% |
Streptococcus pneumonie |
50 |
Hämophilus influenzae |
10–15 |
Chlamydia pneumoniae |
10 |
Klebsiella pneumoniae/ E. coli |
5 |
Staphylococcus aureus |
5 |
3. Schwere ambulant
erworbene Pneumonie |
Erreger |
% |
Streptococcus pneumoniae |
50 |
Staphylococcus aureus |
10 |
Klebsiella pneumoniae |
5–10 |
Legionella pneumophila |
5–10 |
Pseudomomas aeruginosa |
5 |
4. Aspirationspneumonie (meist
polymikrobielle Infektion) |
Erreger |
% |
Anaerobier |
40 |
Staphylococcus aureus |
10–20 |
Gramnegative Enterobakterien |
10–20 |
Streptococcus pneumoniae |
10–20 |
Erhöhtes Pneumonierisiko im Alter
Im Alter ist die Pneumokokkenpneumonie ca. 5 x häufiger
als bei jüngeren Patienten. 90% der geriatrischen Patienten mit Pneumonie
müssen hospitalisiert werden. 70% der Todesfälle einer Pneumokokken-Pneumonie
treten bei geriatrischen Patienten auf. Die Ursachen hierfür liegen in:
- einer erhöhten oropharyngealen Kolonisation mit gramnegativen Bakterien
im Alter
- einer erhöhten Prävalenz neurologischer Störungen mit nachfolgender
Aspiration
- einer gestörten Hustenmechanik
- Begleiterkrankungen: chronisch-obstruktive Bronchitis, KHK, Diabetes
mellitus, Malignome, Mangelernährung
- Verwendung von Magensonden, z.B. zur enteralen Ernährung, mit entsprechend
hohem Risiko für eine Keimaszension
- einer verlangsamten Mobilisation von neutrophilen Granulozyten.
Zuzsammenhang zwischen Risikofaktoren und Erregerspektrum
|
Grunderkrankung |
chronische Lungenerkrankungen wie schwere COPD, Mukoviszidose, Bronchiektasien neurologische Erkrankung
|
H. influenzae
S.aureus und P. aeruginosa berücksichtigen S.aureus, gramnegative Erreger, Anaerobier (Aspiration) |
Alkoholismus
|
S. pneumoniae, Klebsiellen, Acinetobacter sp. Anaerobier (Aspiration)
|
Diabetes |
Klebsiellen, S.aureus
|
HIV-Infektionen |
– CD-4 Zellzahl > 200/µl |
|
– CD-4 Zellzahl < 200/µl |
|
– CD-4 Zellzahl < 50-100/µl |
|
S. pneumoniae, H. influenzae, M. tuberculosis |
s.o. + Pneumocystis jirovecii |
s.o. + Pseudomonas, Aspergillose, atypische
Mykobakterien, CMV, Kryptokokken, Nokardien |
|
|
Risikofaktoren |
Alter |
gramnegativer Erreger |
Alten- und Pflegeeinrichtungen/Krankenhausvorbehandlung |
S. aureus, Enterobakterien, Anaerobier (Aspiration) |
i.v.-Drogenabusus |
S. aureus, Anaerobier, M. tuberculosis |
Reisen
|
Legionellen, „normale“ Pneumonie, M. tuberculosis,
endemische Pilze: z.B. Coccidiomykose in USA Südwest |
Glukokortikoid-Vortherapie:
10 mg Prednisolonäquivalent über 4 Wochen Antibiotikatherapie
|
P. aeruginosa, Legionella spp. Erregerlücke: z.B. Legionellen oder Mykoplasmen
bei Betalaktam-Therapie, Selektion resistenter Erreger
|
Tierkontakte
|
z.B. Vogelkontakt C. psittaci, Schafkontakt (auch über Wind)
C. burnetti |
Influenzaepidemie
|
S. pneumoniae, S. aureus, H. influenzae |
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Quelle: Therapie der ambulant erworbenen
Pneumonie ( Drömann D, Schaaf B, Pneumologie 2008;62:411-422) |
Risikofaktoren für das Auftreten spezieller Infektionen |
Pseudomonas |
- pulmonale Komorbidität: COPD-Stadium III-IV, Bronchiektasien, Mukoviszidose
- stationärer Aufenthalt in den letzten 30 Tagen (nicht letzten 7 Tagen) vor Therapiebeginn
- Glukokortikoidtherapie (mind. 10 mg Prednisolonäquivalent über mind. 4 Wochen)
- Aspiration
- Breitspektrum-Antibiotika-Therapie über mehr als 7 Tage innerhalb des letzten Monats
- Malnutrition |
Legionellen |
- Reiseanamnese, Hotelaufenthalt, Kreuzfahrten
- Immunsuppression (inklusive Glukokortikoidtherapie)
- Exposition gegenüber Wasser von Aufbereitungsanlagen |
HA-MRSA |
- längere Krankenhausverweildauer
- vorausgegangene Hospitalisierung
- Fremdmaterial (ZVK, Harnwegskatheter, Tubus)
- Aufenthalt in Risikobereichen wie Intensivstation, Alten-/Pflegeheime |
CA-MRSA |
- Athleten im Teamsport, Rekruten, Strafgefangene |
resistente Pneumokokken |
- Vortherapie mit Substanz aus gleicher Gruppe in den letzten 3 Monaten
- Alter > 65 Jahren
- Alkoholismus
- Immunsuppression
- Multimorbidität
- Kontakt zu Kindergartenkindern |
HA = hospital acquired; CA = community
acquired |
Quelle: Therapie der ambulant erworbenen
Pneumonie ( Drömann D, Schaaf B, Pneumologie 2008;62:411-422) |
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