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Eine 59jährige Patientin wird wegen einem myelodysplastischen Syndrom mit Übergang in eine akute myeloische Leukämie zur Induktionstherapie stationär aufgenommen. Nach 10 Tagen tritt bei einer hochgradigen Neutropenie von 0.18/nl und einer CD4-Lymphozytendepletion (120 CD4-Zellen/µl) Fieber und trockener Husten auf. Die empirische, pseudomonaswirksame antibakterielle Therapie bleibt ohne Erfolg. Radiologisch zeigt sich ein Mittellappeninfiltrat mit im Verlauf kleinen Einschmelzungen. Das CRP steigt auf 290 mg/l an.

Diagnose und Verlauf

Bei febriler Neutropenie und therapierefraktärem Lungeninfiltrat besteht der Verdacht auf eine invasive Mykose. Wegen einer hochgradigen Thrombopenie wird auf eine bronchoskopische oder bioptische Sicherung verzichtet und eine empirische antimykotische Therapie begonnen. Nachdem eine Amphotericin B – Unverträglichkeit besteht und die Gabe von liposomalem Amphtericin über 5 Tage keine Tendenz zur Besserung bringt, wird schließlich bei kritischem Zustand der Patientin eine Kombination aus Voriconazol (Vfend®) und Caspofungin (Cancidas®) gewählt. Inzwischen wird die Verdachtsdiagnose der invasiven pulmonalen Aspergillose durch einen positiven Aspergillus-Antigenbefund (bei Aufnahme und nach 1 Woche noch negativ) untermauert. Unter der neuen antimykotischen Therapie bessern sich Klinik und Laborbefunde, so dass nach 4 Wochen die Therapie beendet werden kann. Gleichzeitig ist durch die Chemotherapie eine Remission erreicht, so dass die Neutropenie – Phase überwunden ist. Es verbleibt ein Restinfiltrat im Mittellappen, welches unter narbiger Umwandlung zu rezidivierenden Hämoptysen führt und schließlich thoraxchirurgisch angegangen werden muss. Im OP-Präparat bestätigt sich histologisch die Diagnose.

Kommentar

Die invasive pulmonale Aspergillose (IPA) ist eine wichtige Differentialdiagnose des unklaren Lungeninfiltrats beim immunsupprimierten Patienten. Die höchste Inzidenz haben Patienten mit hämatologischen Neoplasien und länger anhaltender Neutropenie. Eine häufige Komplikation stellt die IPA auch bei Lungentransplantierten dar. In diesen Kollektiven sind daher auch antimykotische Prophylaxe- und empirische Therapieschemata etabliert. Bei Patienten mit soliden Tumoren, zytotoxischer Therapie von Systemerkrankungen, AIDS oder längerer Intensivtherapie macht das sporadische Auftreten dagegen die diagnostische Einordnung schwerer. Verdächtig in der Bildgebung sind insbesondere noduläre und einschmelzende Infiltrate (»crescent sign« , »halo sign«), die sich zuerst im hochauflösende CT darstellen lassen. Allerdings kann die Erkrankung alle Infiltrattypen imitieren. Der Nachweis aus respiratorischen Materialien wie der BAL und transbronchialen Biopsie ist schwierig, die Sensitivität dürfte auch bei optimaler Technik 50% nicht überschreiten. Bei ausreichender Erfahrung des Untersuchers stellt die CT gesteuerte Punktion peripherer Herde heute eine gute Alternative dar (Ausbeute bis 80%). Bei hochgradigen Koagulopathien wie im vorgestellten Fall ist zu entscheiden, ob eine Biopsie nach Thrombozytensubstitution möglich ist oder ob die empirische Therapie ohne histologische Sicherung durchgeführt werden soll, ggf. unterstützt durch den Antigennachweis im Blut. Dieser hat bei Verwendung moderner Assays eine befriedigende Sensitivität und Spezifität und kann in der Akutphase und im Therapiemonitoring wie im vorgestellten Fall wertvolle Informationen liefern, wird aber häufig erst verzögert positiv. Prognostisch entscheidend ist daher in jedem Fall die unverzügliche empirische Therapie bei klinischem Verdacht. Die Mortalität der IPA liegt immer noch um 50%. In einer aktuellen kontrollierten Studie wurden höhere Erfolgsraten durch Gabe des neueren Triazol – Antimykotikums Voriconazol im Vergleich zu Amphotericin B gezeigt (Herbrecht et al. N Engl. JM 2002, 8; 347:408-15). Ob durch eine Kombinationstherapie wie im vorgestellten Fall die Effektivität weiter gesteigert werden kann, bleibt abzuwarten.

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