<<<   eine Seite zurück

Ein 63jähriger pensionierter Grenzschutzbeamter kommt mit Kopfschmerzen, hohem Fieber und trockenem Husten zur Aufnahme. In der früheren Anamnese keine Auffälligkeiten. Bei der körperlichen Untersuchung findet sich fraglich ein endgradiger Meningismus, über den Lungen ein normaler Auskultationsbefund.
Das Labor zeigt Leukozyten 9,3/nl ohne Linksverschiebung, CRP 194 mg/l.
Unter der Vorstellung einer Virusenzephalitis wird eine Lumbalpunktion vorgenommen mit grenzwertiger Pleozytose, es erfolgt eine Chemotherapie mit Cefotaxim 3 x 2 g, die ohne Effekt bleibt.
Nach 5 Tagen Übernahme des hochfiebernden Patienten, der sich weiterhin mit führendem Stirnkopfschmerz präsentiert. Dabei ist er orientiert und ohne neurologische Ausfälle.
Im Kontroll-Röntgen flaue Oberlappeninfiltrate bds., im Labor leicht ansteigende Entzündungsparameter sowie pathologische Leberenzyme (GOT 79 U/l, GPT 88 U/l, GammaGT 676 U/l).
Die Bronchoskopie ergibt makroskopisch den Befund einer nichteitrigen Entzündung, in der BAL findet sich eine ausgeprägte Lymphozytose (47%) mit einer CD4/CD8 – ratio von 0,9 (Bild). Es können keine Erreger angezüchtet werden.

Diagnose und Verlauf

In Zusammenschau der Befunde ergibt sich die Diagnose einer interstitiellen Pneumonie mit V.a. nichteitrige Erreger. Der Patient wirkt deutlich mitgenommen, weist allerdings keine schweren Grunderkrankungen und keine Hinweise für ein manifestes oder drohendes Organversagen auf (Risikostratifizierung Fine Klassifikation). Die erneute Anamnese ergibt, dass er 4 Wochen vor Aufnahme für seinen Freund Tauben versorgt und gepflegt hat. Hiermit ist eine Ornithose (Chlamydia psittaci) nach klinischen Kriterien wahrscheinlich. Die Serologie ergibt einen hochpositiven IgG-(> 1 : 1000) und IgM- (1 : 32) Antikörpertiter im MIF für Chlamydia pneumoniae, die Chemotherapie wird daher bereits empirisch auf Doxycyclin umgestellt und führt innerhalb von 3 Tage zur Entfieberung. Ohne die genannten anamnestischen Hinweise und die bereits erfolglos durchgeführte Vortherapie mit einem Breitbandcephalosporin wäre eine leitlinienkonforme Therapie der CAP mit einer Kombination aus einem Betalaktamantibiotikum und einem Makrolid indiziert.

Kommentar

Die Ornithose ist in Deutschland wegen der regelmäßigen Überwachung der Geflügelbestände heute eine seltene, aber wahrscheinlich unterdiagnostizierte Pneumonie. Jährlich werden etwa 50 Fälle an das RKI gemeldet. Entscheidend für die Diagnose ist der anamnestische Tierkontakt, typischerweise innerhalb der Inkubationszeit mit Vögeln, zu denen vorher kein Kontakt bestand. Das Beispiel zeigt die charakteristische Präsentation mit deutlichem Krankheitsgefühl, wobei die pulmonale Symptomatik zunächst nicht im Vordergrund stehen muss; heftige Kopfschmerzen sind charakteristisch. Differentialdiagnostisch sind bei den bds. retikulären Infiltraten und der mononukleären Entzündung in der BAL eine exogen-allergische Alveolitis (Geflügelzüchterlunge), eine Sarkoidose, Virus- und Mykoplasmeninfektionen abzugrenzen. In sehr seltenen Fällen können Schimmelpilzinfektionen auch bei Immunkompetenten verantwortlich sein; die Exposition ist dann identisch. Häufiger ist eine allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA), deren Diagnose ein vorbestehendes Asthma bronchiale mit hohen IgE – Antikörpern sowie den Nachweis zentraler Bronchiektasen (HRCT!) voraussetzt. Die C. pneumoniae- Infektion kommt ebenfalls in Betracht, der eher akute Beginn und das Alter (Primärinfektionen mit positivem IgM-Antikörper sind bei Patienten > 50 Jahren sehr selten) sprechen allerdings dagegen. Die Therapie ist ähnlich, wobei C. pneumoniae – Infektionen vorzugsweise mit Makroliden, welche eine bessere Datenlage aus Studien aufweisen, behandelt werden.