Eine 60jährige, bislang gesunde Patientin wird mit hohem Fieber (41°C), Dyspnoe und Hämoptysen eingewiesen. Sie lebt auf dem Lande, keine Fernreisen in den letzten Monaten. Im Labor fällt eine Leukozytose mit Linksverschiebung (10.8/µl), eine leichte Thrombopenie (150/nl), ein erhöhtes C-reaktives Protein (127 mg/l) und mäßig erhöhte Leberenzyme (GOT 23 bzw. 33 GPT U/l) auf. Das Serumkreatinin ist normal (77 µmol/l), der Urinstatus zeigt eine diskrete Proteinurie (0,25 g/d) und Mikrohämaturie. Die Thorax – Röntgenaufnahme ergibt ein interstitielles
Infiltrat im rechten Unterlappen.
Diagnose und Verlauf Die bei Vorliegen eines febrilen pulmorenalen Syndroms abgenommenen Hantavirus Antikörper (IgM, IgG) zeigten einen positiven Ausfall im ELISA. Die höchsten IgM und IgG Titer fanden sich gegen das Dobrava (DOBV) Antigen. Der Immunofluoreszenztest bestätigte die Diagnose eines Hantavirus – pulmonalen Syndroms (HPS) verursacht durch eine DOBV Infektion. Die DOBV – Antikörpertiter waren mindestens viermal höher als diejenigen gegen alle anderen getesteten Hantaviren. Die Patientin erholte sich nach mehreren Wochen Beatmungstherapie und Nierenersatztherapie komplett von ihrer Erkrankung. Kommentar HPS ist ein schweres pulmorenales Syndrom, das weitgehend auf den amerikanischen Kontinent und die dort endemischen Hantavirusspezies begrenzt ist. Während die in Europa vorherrschenden Virustypen meist mit einem akuten Nierenversagen und Hämorrhagie einhergehen (Nephropathia epidemica), sind Fälle von HPS hier nur vereinzelt beschrieben, aber offensichtlich ebenfalls möglich, wie das Beispiel zeigt. Der schwere und rapid progressive Verlauf des HPS mit hohem Fieber und ARDS bei ausgeprägtem kapillären Leck ist charakteristisch und für die hohe Mortalität dieser Infektion verantwortlich. Eine Exposition gegenüber den als Vektor dienenden Nagetieren (in Mitteleuropa vor allem M. apodemus) ist erforderlich, aber offensichtlich nicht immer zu eruieren. Eine spezifische antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung, so dass nach den allgemeinen Prinzipien der Intensivtherapie vorgegangen werden und eine bakterielle Superinfektion vermieden werden muss. Differentialdiagnostisch ist an Vaskulitiden mit ähnlicher Klinik (z.B. Morbus Wegener) zu denken, die allerdings meist eine längere Vorgeschichte aufweisen, sowie an septische Erkrankungen mit sekundärem ARDS und ANV.
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