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Ein 47jähriger Obdachloser stellt sich mit seit 3 Tagen bestehendem Husten mit Auswurf vor.

Bei der körperlichen Untersuchung sind subfebrile Temperaturen bis 37,8°C rektal zu dokumentieren. Es bestehen Zeichen der Mangelernährung sowie des chronischen Äthylismus mit Spider naevi, Palmarerythem und Hepatomegalie. Laborchemisch ist das CRP mäßig auf 37,4 mg/l erhöht, die Senkung ist auf 80/120 nach Westergren beschleunigt. Mäßiggradige Leukozytose mit 14,8/nl, mikrozytäre Anämie mit einem Hb von 9,4 g/dl. In der Nachanamnese gibt der Patient eine Gewichtsabnahme über die letzten Monate an, welche auf eine ungünstige Ernährung und zunehmenden Alkoholkonsum zurückgeführt werden.

   

Diagnose und Verlauf

Im Röntgen Thorax ist ein flaues Infiltrat rechts nachweisbar. Es besteht der Verdacht auf eine Lymphadenopathie. Darüber hinaus ist eine Kaverne im rechten Oberlappen abgrenzbar. Es wird ein Mendel-Mantoux-Test angelegt und eine antibiotische Therapie mit einem Aminopenicillin eingeleitet. Darüber hinaus wird Sputum und Magensaft gewonnen. Hieraus werden am gleichen Tag säurefeste Stäbchen nachgewiesen. Daraufhin wird eine tuberkulozide 4-fach-Therapie eingeleitet. Die Kultur bestätigt die Diagnose mit Nachweis von Mycobacterium tuberculosis.

Kommentar

Die Tuberkulose stellt auch heute mit über 9000 Neuerkrankungen pro Jahr eine wichtige Differentialdiagnose der ambulant erworbenen Pneumonie dar. Neben Einwanderern aus Hochendemiegebieten (Osteuropa, Afrika) sind wie in der Kasuistik vor allem Personen mit Unterernährung, Alkoholismus und Immundefizit betroffen. In über 90% ist die Lunge beteiligt, so dass eine rechtzeitig angefertigte Röntgenaufnahme bei unklarem Husten oder rezidivierenden Atemwegsinfekten zu den wichtigsten diagnostischen Maßnahmen gehört. Die Kombinationstherapie über 6 Monate ist bei guter Compliance hocheffektiv (Erfolgsrate > 90%) und sollte im Regelfall direkt überwacht (DOT: directly observed therapy) durchgeführt werden. Zur Vermeidung von Umgebungsinfektionen sollte die Meldepflicht strikt beachtet werden. Eine Chemoprophylaxe mit INH ist nach Exposition oder vor iatrogener Immunsuppression bei Personen mit positivem Tuberkulintest nach Abwägung der Nebenwirkungen sinnvoll (DGP Empfehlungen 2004).