Zur Aufnahme kommt ein 47 Jahre alter Alkoholiker in
hochgradig reduziertem Allgemeinzustand. Es besteht eine Tachypnoe von
25 Atemzügen/min., eine Tachykardie von 120/min. (Sinusrhythmus)
und eine Hypotonie mit einem Blutdruck von 90/50 mmHg. Der Patient weist
bei der körperlichen Untersuchung einen desolaten Zahnstatus auf.
Der Alkoholspiegel bei Aufnahme ist negativ, eine Gelbfärbung des
2. und 3. Fingers der rechten Hand weist auf ein ausgeprägtes Fumatorium
hin. Diagnose und Verlauf Aufgrund der hochgradigen respiratorischen Insuffizienz mit Kreislaufschock wird der Patient intubiert und maschinell beatmet. Unmittelbar nach Intubation wird eine Bronchoskopie mit einer sog. Mini-BAL durchgeführt. Im Direktpräparat zeigen sich gram-negative intrazelluläre Stäbchen in 10% der Phagozyten. Es wird eine kombinierte antibiotische Therapie mit Aminopenicillin + Betalaktamase-Inhibitor (Ampicillin/Sulbactam) in Kombination mit einem Makrolid initiiert. Nach 2 Tagen erreicht uns der mikrobiologische Befund: es war Klebsiella pneumoniae in signifikanter Keimzahl (105 cfu/ml) nachweisbar. Kommentar Da gram-negative Enterobakterien (GNEB) aufgrund oropharyngealer Kolonisation bei polymorbiden Patienten sehr häufig in respiratorischen Sekreten gefunden werden, sind erhöhte Anforderungen an den Nachweis dieser Erreger als Pneumonieerreger zu stellen. Diese sind im vorliegenden Fall erfüllt: Nachweis des Erregers in Reinkultur und hoher Keimzahl in bronchoskopisch entnommenem Material (Entnahmerichtlinien für Pneumoniediagnostik) bei einem nicht antibiotisch vorbehandelten Patienten. GNEB kommen als Pneumonieerreger fast ausschließlich bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen oder im Seniorenalter vor, da diese Erreger nicht zur Kolonisation gesunder Atemwege befähigt sind. Unter ihnen ist Klebsiella pneumoniae (Friedländer Bazillus) am längsten in diesem Kontext bekannt; als charakteristisch gelten Oberlappeninfiltrate mit Einschmelzungstendenz, ohne dass dies durch kontrollierte Studien gesichert ist. Alkohol ist ein häufiger Risikofaktor, dies gilt allerdings auch für Pneumokokkenpneumonien. Da bei GNEB regelmäßig mit Betalaktamasebildung zu rechnen ist, sollte die empirische Therapie primär mit einem betalaktamasegeschützten Aminopenicillin oder einem Drittgenerationscephalosporin durchgeführt werden. Nach Erhalt des Antibiogramms kann dann erforderlichenfalls gezielt umgestellt werden. |