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Ein 31-jähriger athletisch erscheinender Mann schleppt sich mit letzter Kraft in die Notaufnahme. Er klagt über massive Ruhedyspnoe. Bei der körperlichen Untersuchung findet sich eine periphere Zyanose sowie eine Atemfrequenz von 30/min. auf. Keine Uhrglasnägel. Der Patient ist tätowiert. Über der Lunge ist eine Klopfschalldämpfung bds. nachweisbar, links basal Rasselgeräusche, die ohrnah imponieren. Bei der weiteren körperlichen Untersuchung fällt eine frische OP-Narbe im Bereich des Oberbauches auf. Auf Nachfrage hin wirkt der Patient einsilbig und macht keine konkreten Angaben zur OP. Schließlich gibt er an, dass diese in Dänemark vor 6 Tagen durchgeführt worden war. Eine telefonische Nachfrage in dem angegebenen Krankenhaus erbrachte jedoch kein Ergebnis: der Patient war dort nicht bekannt.

Laborchemisch fanden sich folgende Werte: Blutbild: Hb 7,1, HK 21%, MCV 24 fl, MCH 27, Thrombozyten 591, Fibrinogen 5,1 g/l. CRP 194 mg/l, LDH 391 U/l, Krea 2,1 mg/dl, diskrete Transaminasenerhöhung.

       

Im Röntgenbild sind beidseitige flächige Infiltrate in den Unterfeldern nachweisbar, darüber hinaus bestehen Pleuraergüsse bds. Ein HIV-Test wird abgenommen, dieser stellt sich als negativ heraus. Im CT stellt sich eine karnifizierende Pneumonie dar. Die CT Untersuchung wurde aufgrund der Niereninsuffizienz nativ, d.h. ohne Kontrastmittel durchgeführt.

Es wird eine kalkulierte antibiotische Therapie durchgeführt. Unter der Vorstellung einer möglicherweise nosokomialen Pneumonie wird nach 2 Tagen die Behandlung auf ein 3. Generations Cephalosporin umgesetzt. Auch hierunter persistiert das Fieber, kein Rückgang der Dyspnoe, der Patient ist weiterhin hochgradig sauerstoffpflichtig. Es wird die Indikation zur invasiven Diagnostik gestellt. Da der Patient hierfür möglichst nicht intubiert werden soll, erfolgt die Untersuchung bei hochgradiger respiratorischer Insuffizienz unter nicht invasiver Beatmung mit Ganzgesichtsmaske.

Bei der Bronchoskopie kein Eiter, alle Ostien sind frei einsehbar. Im linken Unterlappen ist blutig-tingiertes Sekret nachweisbar. Die Verdachtsdiagnose lautet also: Lungenembolie.

Daher wurde zum Nachweis einer Lungenembolie eine Ventilations-Perfusionsszintigraphie durchgeführt. Diese ergab massive beidseitige Perfusionsausfälle. Da aufgrund eines erhöhten rechtsventrikulären Druckes eine mögliche Lyse-Indikation bestand, wurde daraufhin eine Pulmonalisangiographie angeschlossen. Diese bestätigte die ausgedehnte Embolisierung. Es lag somit eine Lungenembolie mit Infarktpneumonien bds. vor. Wäre die CT-Untersuchung mit Kontrastmittel durchgeführt worden, hätten wir die richtige Diagnose früher gestellt:
gerade die neueren CT-Geräte können zentrale Lungenembolien mit hoher Sensitivität und Spezifität nachweisen.

In der Zwischenzeit war der Patient unter Polizeiüberwachung gestellt worden: er war aus einem bundesdeutschen Gefängnis entflohen und hatte sich nach Dänemark abgesetzt. Dort hatte er offensichtlich ein Streßulkus mit Magenperforation entwickelt, welches akut chirurgisch versorgt werden musste. Aus Angst, erneut in Gewahrsam genommen zu werden, floh der Patient. Durch die fehlende Thromboseprophylaxe entwickelte er offensichtlich eine Oberschenkelvenenthrombose, die zu der ausgedehnten Embolisierung geführt hatte.