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Eine 22jährige Patientin wird wegen vermehrter Dyspnoe und vermehrter Sputumexpektoration notfallmäßig stationär aufgenommen. Vor 2 Jahren war eine Unterlappenresektion rechts bei umschriebenen Bronchiektasen durchgeführt worden. Seit dem war sie im Alltag weitgehend beschwerdefrei, bis vor etwa 3 Monaten. Seitdem beklagt sie unspezifische Symptome, wie Nachtschweiß, Appetitlosigkeit und vermehrten Husten.

Bei der körperlichen Untersuchung sind Uhrglasnägel nachweisbar. Über beiden Lungen trockene RG. Ohrnahe RG sind dagegen nicht auszukultieren. Die Atemfrequenz ist auf 20/min. beschleunigt, obwohl die Patientin zum Untersuchungszeitpunkt keine Dyspnoe angibt. Das Sputumvolumen ist hoch, die Sputumfarbe ist gelb-grünlich.

           

Diagnose und Verlauf

Radiologisch finden sich multilokuläre Infiltrate bds.. Es wird eine Bronchoskopie durchgeführt. Bereits der makroskopische Befund bestätigt die Verdachtsdiagnose von Bronchiektasen: wir sahen massive eitrige Sekrete in beiden Lungen. Im Direktpräparat finden sich ca. 20% gram-negative intrazelluläre Stäbchen. Kulturell sind sowohl Pseudomonas aeruginosa als auch (in geringerer Keimzahl) Staphylococcus aureus nachweisbar. Aufgrund dieser Befunde erfolgt eine erweiterte Anamnese. Diese ergab einen schweren Keuchhusten in der Kindheit sowie auch eine Maserninfektion. Die Fertilität kann bei bisher nicht bestehendem Kinderwunsch nicht eingeschätzt werden: eigene Kinder schließen sowohl ein immotile cilia Syndrom (ICS, Kartagener Syndrom) als auch eine Mukoviszidose weitgehend aus. Ein Schweißtest in der Vorgeschichte war unauffällig geblieben. Es besteht kein Situs inversus, eine Darstellung der Nasennebenhöhlen ergab jedoch eine Sinusitis maxillaris bds. In der weiterführenden Labordiagnostik konnte ein IgA-Mangel, ein Mangel an sekretorischem IgA (Bestimmung im Speichel) sowie ein IgG-Subgruppenmangel ausgeschlossen werden. Es wurde eine Nasenbiopsie durchgeführt, das Material wurde zur elektronenmikroskopischen Aufarbeitung in Glutaraldehyd fixiert. Die elektronenmikroskopische Untersuchung schloss ein ICS aus. Mittels HR-CT konnte die diffuse Bronchiektasie beider Lungen nachgewiesen werden. Die Patientin wurde über 2 Wochen mit einer Kombination aus Ceftazidim (Fortum®) und Gentamicin i.v. (ist für diese Indikation nicht zugelassen!) behandelt. Leider gab die Patientin eine Allergie auf Ciprofloxacin an, sodass dieses Medikament nicht verwendet werden konnte. Zusätzlich wurde eine intensive Krankengymnastik mit Klopfmassage in Knie-Ellenbogen-Lage durchgeführt. Hierunter besserte sich ihr Zustand deutlich.

Kommentar

Pseudomonasinfektionen der Lunge kommen bei Gesunden kaum vor und sind daher ein Marker für das Vorliegen einer strukturellen Lungenerkrankungen (Beispiel Bronchiektasie), einer generalisierten Immundefizienz (Beispiel Neutropenie) oder einer besonderen Umgebungssituation (Beispiel nosokomiale Pneumonie). Im vorgestellten Fall konnten angeborene Ursachen einer Bronchiektasie wie cystische Fibrose (CF), Kartagener – Syndrom und Immunglobulinmangel ausgeschlossen werden, so dass ein Zusammenhang mit im frühen Kindesalter abgelaufenen schweren pulmonalen Infekten naheliegt. Allerdings schließt ein unauffälliger Schweißtest eine CF nicht 100% aus. Heute sollte hierzu ein direkter Gentest durchgeführt werden. Diagnostisch ist heute das hochauflösende CT Mittel der Wahl zum Bronchiektasennachweis und hat die Bronchographie bei dieser Indikation weitgehend abgelöst. Die Therapie erfordert in der Regel eine parenterale Kombination aus zwei pseudomonaswirksamen und im Antibiogramm getesteten Substanzen über 14 Tage, wobei eine Eradikation nicht gelingt, wenn die zugrundeliegende Störung nicht behoben werden kann. Dennoch haben Studien bei Mukoviszidose – Kollektiven gezeigt, dass auch die zeitlich begrenzte Suppression der Infektion durch derartige Therapieschemata klinisch effektiv ist. Darüberhinaus besteht im Anschluss hieran die Möglichkeit einer intermittierenden inhalativen Therapie mit hochdosiertem Tobramycin, deren Wirksamkeit ebenfalls bei Mukoviszidose Patienten gezeigt werden konnte. Diese Therapie ist allerdings sehr teuer und wird bei Nicht–CF Patienten in der Regel nicht übernommen. Alternativ kann auch Colistin zur Inhalation verwendet werden.